„Nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder!“ (Mt 23,8) Mit diesem Wort Jesu Christi wird die christliche Bruderschaft gestiftet.
Diese „Bruderschaft“ umschließt natürlich gleichermaßen Schwestern und Brüder. Im Griechischen kommen die Wörter für Bruder und Schwester aus dem gleichen Wortstamm und das Wort für Bruderschaft (adelphotes) verbindet darum auch in seinem Wortklang beide Geschlechter.
Die Gemeinde Jesu Christi kann in der Welt nur als eine Bruderschaft leben; niemand kann zu ihr gehören, der nicht ein Bruder seiner Brüder sein will. Unmittelbar und untrennbar stehen die beiden Mahnungen des Apostels Petrus als Grundordnung christlichen Lebens nebeneinander: „Erweist allen Menschen Ehre, liebt die Brüder, fürchtet Gott!“ (1 Petr 2, 17) Die Apostel reden die Glieder ihrer Gemeinden, die Leser ihrer Briefe, als ihre Brüder an. Solche Anrede ist nicht nur eine gefühlsmäßige Freundlichkeit, noch weniger eine leere Gewohnheit. Je mehr man es versucht, diese Anrede ganz ernst zu nehmen und ganz wörtlich zu verstehen, desto näher kommt man ihrem Sinn. Einen Bruder zu haben, Bruder zu sein, ist nichts, wozu wir uns entschließen und das wir auch unterlassen können; Bruderschaft ist eine Lage, in der wir uns vorfinden; eine Gabe, die uns unser Schicksal beschert, eine Aufgabe, die uns in diesem unserem Leben und mit diesem Leben gegeben ist. Mein leiblicher Bruder ist und bleibt mein Bruder, weil ich ihn in meiner Familie so vorfinde. Schwestern und Brüder im Glauben werden wir durch die Taufe. In der Taufe werden wir Menschen durch die geschenkte Gotteskindschaft Adoptivkinder Gottes – untereinander demnach Schwestern und Brüder. Auch diese geistliche Verwandtschaft kann nicht zurückgegeben werden. Mit anderen Worten: Die Kirche als Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern im Glauben ist Bruderschaft.